Psychisches Leid entsteht nach unserer Ansicht als Reaktion auf problematische oder unzureichende Lebensbedingungen, wenn nicht genügend innere Kräfte oder sichere Bindungspersonen vorhanden waren, die belastende Situation zu lange dauerte oder das Erlebte zu überwältigend gewesen ist. Dabei kann es durchaus sein, dass ein aktuelles Ereignis mit einer Erfahrung von „früher“ vernetzt ist und erst durch diese Vernetzung Symptome ausgebildet werden. Symptome haben häufig die Funktion, sehr belastende Gefühle wie Ängste, Trauer, Ohnmacht etc. zu vermeiden. Diese Gefühle „kommen hoch“, wenn etwas an die ursprüngliche Situation erinnert. Symptome wie sozialer Rückzug oder Wutanfälle sind dann kurzfristig entlastend, aber langfristig problemverschärfend.

 

Manchmal beginnen Symptome ein „Eigenleben“ zu entwickeln und setzen negative Kreisläufe in Gang: Wenn man z.B. beginnt, sich mehr und mehr vom Leben zurückzuziehen, macht man weniger und weniger positive und freudvolle Erfahrungen, weshalb man sich schlechter und schlechter fühlt und noch weniger Energie hat, am Leben teilzunehmen. Oder: Ein Kind zeigt auffälliges, vielleicht aggressives Verhalten. Das führt zu vielen Ermahnungen und viel Kritik. Die schönen Momente mit dem Kind werden weniger. Die Familiensituation wird angespannter. In einer angespannten Situation wiederum kommt es eher zu aggressivem oder unkontrolliertem Verhalten.

 

Psychotherapie verstehen wir als einen gemeinsamen Weg, um

 

im ersten Schritt ein Verständnis dafür zu entwickeln, auf welchem Hintergrund die Symptome entstanden sind.

 

Im zweiten Schritt werden Kräfte, Stärken und Fähigkeiten wieder entdeckt oder entwickelt.

 

Im dritten Schritt wird das psychische Leiden oder die Symptomatik reduziert. Dies geschieht häufig durch eine Verarbeitung und Integration der belastenden Lebensereignisse, die die Symptomatik ausgelöst haben. Zusätzlich ist es oft wichtig, Lösungen für aktuelle Belastungen oder Konflikte zu finden oder eine neue Zukunftsperspektive zu entwickeln. Haben Symptome „ein Eigenleben“ entwickelt, werden sie darüber hinaus mit therapeutischen Strategien direkt angegangen.

 

Psychotherapie ist also nach unserem Verständnis auch Arbeit an sich selber. In psychotherapeutischen Sitzungen werden Veränderungsprozesse angestoßen und Lösungsideen entwickelt, die der Patient dann im Alltag umzusetzen versucht. Kinder und Jugendliche brauchen dazu in der Regel ermutigende familiäre Unterstützung.

 

Für eine gelungene Psychotherapie ist eine vertrauensvolle Beziehung von besonderer Bedeutung. Damit meinen wir nicht nur die vertrauensvolle Beziehung zum Psychotherapeuten oder zur Psychotherapeutin, sondern auch die sichere Bindung der Kinder an ihre Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen.